Jackaroo Joni & Jillaroo Sina in Leconfield

01.04.2016 | Australien

Im Nachhinein scheint es unglaublich, wie schnell die letzten 11 Tage vergangen sind. Leconfield, eine Farm mit Länderein von 18,6 km2 aufgeteilt auf diverse Paddocks, liegt in der Gegend der Mulla Mulla Creek und das ist ungefähr genauso ländlich wie es klingt… Kein Fernsehen, Internet und auch das Stromnetz ist relativ anfällig. Aber es ist einer der schönsten Orte, an denen wir bislang waren.

Die Wohnhäuser liegen in einem Tal, von dem aus sich das Land in sanften Hügeln erhebt. Bis auf das Haus der Tochter des Eigentümers sieht man nirgendwo auch nur in der Ferne vom Hügel aus einen Nachbarn. Wunderschön, auch wenn wir in einer Dürreperioden da waren. Daher war der Fluss größtenteils ausgetrocknet und das sonst grüne Gras, welches die besten Rinder der Region schön fett macht, war gelb und brüchig. Dies jedoch gibt dem Land eine raue Schönheit, zu welcher die Bezeichnung „Busch“ sehr gut passt. Durch diese Szenerie streunen auf den Koppeln Schafe und Black Angus Kühe, sowie im Tal und um die Wohnhäuser herum die Reitpferde. Wie ihr sehen werdet vergisst man über diese landschaftliche Schönheit, Fotos von Menschen zu machen. Es gibt daher kaum Fotos von uns beim Reiten oder der Arbeit, einfach weil es sich nicht anbietet und es so viele schönere Motive gibt. Tut uns Leid, uns gibt es später wieder zu sehen.

Die Menschen in Leconfield sind sehr herzlich. Der Eigentümer Brian Skerett ist fast 93 Jahre alt und hat sich vor ein paar Jahren erst aus der aktiven Farmarbeit zurückgezogen. Er zieht jedoch noch immer die Fäden in der täglichen Arbeit und kommt nicht selten in seinem alten roten Autochen auf die Koppel gefahren um bei einem Viehtrieb seine Tiere in Augenschein zu nehmen und alle wichtigen Entscheidungen sie betreffend zu fällen. Ach ja, dies alles tut er nicht nur trotz seines Alters, sondern auch inklusive einem Glasauge und Hörgeräten. Ein toller Mann, der schon sehr viel erlebt hat. Er führt Schulungen seit etwa 1981 durch und hat diesen den ursprünglichen Charakter der manuellen und traditionellen Farmarbeit erhalten. Bei ihm lebt seine Freundin Jeanice, die sich um das finanzielle kümmert.
Seine Rechte Hand ist Hilton, der jedoch während unserer Anwesenheit durch eine kleinere Operation nicht ganz fit war. Ein Cowboy, wie man ihn sich vorstellt – und dazu leidenschaftlicher Hobbykoch. Er hat 3 Arbeitshunde (Australian Kelpies mit Namen Patches, Jazz und Red) und ein kleines altes taubes Schoßhündchen mit Namen Boof, der jedes Herz erobert.
Mit ihm lebt und arbeitet seine Freundin Megan, welche vor etwa einem Jahr eine Schulung mitmachte und geblieben ist. Ursprünglich kommt sie aus Melbourne und ist sehr nett – ein Citygirl, das die Liebe zu Cowboy und Country gefunden hat.
Der letzte Arbeiter ist Col, welcher seit seiner Jugend immer wieder in Leconfield arbeitet und gerade von 7 Jahren in Texas und Neuseeland wiederkam. Ein sehr netter und interessanter Mann, der viel gesehen uns erlebt hat und Imme reine gute Geschichte auf Lager hat.
Diese letzten drei haben uns geduldig und manchmal ruppig alles beigebracht, was es zu tun gab, und so manche gute Geschichte am Lagerfeuer zugute gegeben. Da wir nicht als Schulung sondern als „Farmstay“ ein Experiment durch eine verringerte Anzahl an Schulen waren, haben Sie uns dazu wirklich ins Team eingebunden und uns sehr willkommen geheißen.

Geschlafen haben wir in „Pinky’s“ der normalen Schulunterkunft. Sehr ursprünglich und einfach, gefühlt kaum unverändert seit Beginn der Schulungen in den 80ern, aber kuschelig und sympathisch (spätestens nach unserem Großputz, als es fast spinnenfrei war…). Essen bekamen wir von Brians Köchin, dies war häufig sehr reichhaltig und gut und manchmal weniger spannend. Satt wurden wir jedoch immer und besonders die hausgemachten Nachtische waren sehr lecker.

Im folgenden findet ihr Zusammenfassungen unserer Tage wie wir sie in diesen Tagen dokumentiert haben. Wir haben sie nicht weiter ausformuliert, da dieser Artikel auch so lang genug ist…

1. Tag Montag
Wir wurden um 10h am Hostel in Tamworth von Megan und Hilton abgeholt und sind mit Ihnen einkaufen gegangen.
Da es am ersten Tag keine Aufgaben gab haben sie uns nach dem Einzug in Pinky’s. Unterricht in Lassoing (nutzen sie nicht aktiv) und Peitschenknallen (Whip-cracking, haben wir live in Aktion gesehen und tut sehr weh wenn man es noch nicht kann) gegeben.
Nachmittags das schon ältere Kalb Leeroy der Milchkuh Lulu eingesperrt, damit am nächsten Tag Milch für uns Menschen übrig ist.
Nach dem Abendbrot vom Grill gab es ein besonders leckeren Applecrumble.

2. Tag Dienstag
Aufstehen war für uns um 7:30 Uhr angesetzt, da wir um 8:00h mit Megan Lulu melken waren. Sie gibt im Schnitt 4-6 Liter Milch und diese schmeckt sehr gut-Sina hatte nicht mal Probleme mit ihrer Laktoseproblematik und der frischen Milch!
Nach dem Frühstück Haben wir die Pferde eingefangen. Sina bekam für die Woche Abby, eine stämmige schwarze Stute mit viel Energie, zugeteilt. Joni sollte in den Hügeln nicht reiten, da es kein Pferd gab was groß genug für ihn und sein Gewicht war. Danach trennten sich für eine Weile unsere Wege.
Sina: Mit Megan und Col auf dem Pferd Bullen aus einer Koppel zusammentreiben und einfangen gehen. Dies war mehr oder weniger erfolgreich, der größere Bulle (schätzungsweise um 700kg) war ziemlich genervt von ihr und den anderen Reitern (resultierte in Spitzname Grumpy da er kein Namensschild im Ohr hatte) sodass er am Ende auf der Koppel und in Ruhe gelassen wurde, um niemanden zu verletzen. Leider waren die Hunde nicht als Hilfe dabei. Der kleinere Bulle wurde auf Laster zum Tal gebracht.
Joni: Chillig mit Brian in seinem kleinen roten Geländewagen durchs Gelände gefahren, einen Zaun repariert, Ausschau gehalten und die Natur genossen. Er hat dabei auch einen riesigen Adler direkt neben dem Auto flieg sehen. Diese Rumfahrerei auf der Koppel war sehr schön für ihn, aber hat die Kühe gestresst und wohl auch zu Grumpys Laune beigetragen…

Nachmittag
Sina: Mit den anderen einen anderen Bullen von seiner Koppel runtergetrieben. Dieser wurde dann zusammen mit dem Bullen vom Vormittag zusammen weggebracht.
War auch eher leicht gesagt als getan, einer (natürlich der größere) ist abgehauen und war relativ unkooperativ. Aber zum Ende war er ungefähr dort wo wir ihn haben wollten und dann haben wir ihn in Ruhe gelassen.
Joni: Chillig im Auto mit Hilton in die Stadt gefahren, um ein repariertes Motorrad und 55 Salzsteine für die Kühe zu holen (1100 kg, wegen Hiltons Verletzung musste Joni mit dem Typen von dem Geschäft aufladen, damit die Nähte nicht wieder aufgehen) und andere Besorgungen gemacht, wie Alkohol für Hilton (zu teuer für uns!) zu besorgen. Eine Fahrstrecke war 1h, auf dem Rückweg wurde gerade von der Straße runter und auf dem Weg zur Farm (ca 25min Fahrt auf Sandpiste) die erste Dose Whisky Cola getrunken und wenig später schon die zweite. War ja ein anstrengender Tag 😋 Joni bekam natürlich auch etwas ab, man will ja keine nüchterne Person im Auto haben…

3. Tag Mittwoch
Vormittag
Sina: Mit Megan Zäune abgerissen und andere repariert; am Vortag beim Treiben gesehen. Kühe müssen den Zaun mitgenommen haben, überall lag Stachel- und Draht herum was gefährlich für die Pferde und Kühe ist, wenn sie mit großem Tempo beim Treiben bergab laufen.
Joni: Heu (120 Ballen) mit Männern (Col & Hilton) abgeholt und im Laster gestapelt. Auf dem Rückweg wurde noch ein neues Pferd angeschaut und gekauft.

Am Nachmittag haben alle zusammen den Laster manuell abgeladen und die Ballen gestapelt. Nach dem Abendbrot gab es ein Lagerfeuer, zu dem wir ein Bierchen ausgegeben bekamen.

4. Tag Donnerstag
Morgens 7:45h zusammen gemolken
Vormittag:
Sina: Mit allen anderen die Kühe und Kälber und aus Versehen einige Bullen aus 2 Koppeln zusammengetrieben und in Gehege gesperrt. Sie konnte durch die Übung mit den Bullen das erste Mal richtig aktiv und eigenständig mitarbeiten und ist mit Pferd Abby hinter Kühen Steilhänge entlang galoppiert.
Joni: Mit Brian Salzsteine vom Auto aus auf Kuhkoppeln verteilt, dann bei anderen abgeladen

Nachmittag
Alle zusammen haben nach Brians Vorauswahl unmarkierte (keine Brandzeichen oder Schilder in Ohren) und abzustillende Kälber vom Boden aus von Müttern getrennt (benutzt werden muss hier wie beim Treiben die Stimme, Bewegungen der Arme interessieren die Kühe herzlich wenig); die abgestillten wurden auf andere Koppel transportiert. Der Rest wurde nacheinander relativ rabiat in ein Gestell getrieben, in welchem sie eingeklemmt wurden. Dann Joni das obere Hinterbein beim Brandzeichen setzen und manuellen Kastrieren der Bullenkälber (Hunde haben Hoden direkt gefressen) gehalten, während Sina Ohren mit Chips und Züchtermarkierungen getackert hat. Leider ist all dies gesetzlich vorgeschrieben um den Züchter zurückverfolgen zu können und daher ist es nötig das zu machen. Ist leider ein schlimmer Tag für die Kälber, aber als Rache haben alle Menschen ein paar Tritte oder Kopfstöße einfangen müssen (außer Joni dem passiert hier irgendwie nichts). Die markierten Kälber wurden danach mit Müttern wieder in Paddocks entlassen.
Nach dem langen anstrengenden Tag ist Sina mit Megan und Col zurück geritten, Joni wurde wieder gefahren.

5. Tag Freitag
Vormittag:
Sina: Zäune und Koppelgatter (ist versehentlich der Laster drübergefahren) mit Hilton und Megan unter Zuhilfenahme von Drahtspanner, Schleif- und Schweißwerkzeug repariert.
Joni: mit Col 600kg Futter (Baumwollsamen und Heu) an abgestillte Kälber des Vortags auf Koppel gefüttert

Nachmittag:
Zusammen mit Megan und Col mit Hacken Gift- und stachelige Pflanzen von einer Koppel ausgerissen. Hatten wir beim Treiben der Bullen gesehen.

6. Tag Samstag
Freier Tag, wir machten Hausputz um Spinnen und -weben loszuwerden. Sina hat sich noch etwas gesonnt, weil die Beine durch lange Hosen blass sind und nach Viehtrieb Abdrücke vom Shirt sind (T-Shirt-Ärmel…). Wir beide haben ansonsten noch gelesen und uns entspannt.

7. Tag Sonntag
Ausnahmsweise frei, da Ostern war (apropos- Frohe Ostern euch allen nachträglich!). Wir haben uns wieder gesonnt und entspannt.
Nachmittags sind wir mit Megan ausgeritten weil sie das neue Pferd probieren wollte. Weil Joni dabei war sind wir nur Schritt gegangen, Sinas Pferd Abby war darüber wenig begeistert und wollte lieber Rennen.
Nach dem obligatorischen Sonntagsbraten gab es noch ein Lagerfeuer und sehr lecker mariniertes Känguru (und Marshmallows für Sina) auf Spießen, welches über der Glut gebraten wurde. Wir bekamen wieder ein Bierchen gesponsert und lernten Känguruhfleisch lieben. Auf den Koppeln sahen wir auch die Notwendigkeit der Jagd, da sich die Kängurus in riesigen Herden über die Koppeln bewegen und diese leer fressen. Jagd man sie nicht, nehmen die Kühe ab und der Farmer verliert bares Geld.

8. Tag Montag
Morgens 7:45h zusammen gemolken.
Wir haben die Jungstiere aus einem Paddock und Jungkühe aus anderem Paddock zusammengetrieben und gewogen. Als Überraschung durfte Joni auch mitreiten, weil die Paddocks relativ flach sind. Er hat sich wirklich gut angestellt und ist auch ein paar Mal mit seinem alten Billy getrabt. Sina hatte weniger Spaß-Abby war am Morgen nicht reingetrieben worden und es gibt ihre Doppelgängerin Xanadu. Trotz Nachfrage bei Col und einem komischen Bauchgefühl haben wir das falsche Pferd mitgenommen; es ist allen erst nach ca 50min Fahrt beim Aufsteigen im Paddock (Pferde waren zuvor hinten auf dem  Laster) aufgefallen. An sich war das kein Problem, aber nach der übermotivierten Abby war die sehr alte Dame, welcher selbst die kleinen Hügel missfielen, gefühlt vier Gänge zu langsam und obwohl sie sich am Ende sogar zu einigen Galopps bitten ließ, war Sina dadurch nur unwesentlich nützlicher als Joni, der der fehlenden Übung wegen mehr der Herde hinterher gewackelt kam als zu treiben.
Zum Wiegen der Tiere wurden sie einzeln durch Metallstangengang mit abgesperrtem Ausgang auf eine Waage (große Bodenplatte) getrieben und dann das Gewicht und Ohrmarkennummer notiert und die Differenz zu letztem Gewicht errechnet. (Alles noch mit Papier und Stift) Dann haben wir die Kühe wieder laufen gelassen und die Stiere auf ihre Koppel getrieben.

9. Tag Dienstag
Wir sind mit Col zum selbem Paddock wie Montag gefahren und haben zwei Pfeiler von Zäunen der Yards repariert, da das Holz weggegammelt war. Einen haben wir komplett ersetzt (d.h. aus einem kompletten Baumstamm gebaut) und die Anderen stabilisiert. Wir waren relativ früh zurück, weil es zu regnen begann. Dies war aber sehr gut für das Land nach der Dürre seit 2-3 Monaten und niemand hatte etwas gegen einen früheren Feierabend…

10. Tag Mittwoch
Morgens 7:45h zusammen gemolken
Vormittag
Zwei Koppeln zusammengetrieben, wieder mit Joni, und wie in der Woche zuvor Kälber zum Abstillen und für das Branding von Müttern getrennt

Nachmittag
11 Kälber zum Abstillen zu den anderen mit Laster auf Koppel gebracht, 17 (Rest) war unmarkiert und wurde daher an Ohren markiert und mit Chips versehen, gebrandet und gegebenenfalls kastriert. Danach wieder zu Müttern, keine Sekunde zu spät da ein den Tag über aufgezogenes Gewitter losging, als wir noch drei Kälber vor uns hatten. Mit den Müttern nach dem Gewitter rausgetrieben, dabei in den nächsten Regen gekommen.
Abends nochmal ein großer Gewittersturm gewesen.

11. Tag Donnerstag
Vormittag
Joni: 130 Heuballen mit Männern abgeholt, auf- und abgeladen
Sina: Abgestillte Kälber vom Vortag auf der Koppel mit Baumwollsamen und Heu gefüttert. Langer Weg, bis über die Wolken daher einige schöne Fotos.
Nachmittag
Zusammen sollten wir Steine aus dem Flusslauf holen um ihn zu vertiefen, wenn er wieder fließt, aber da wir die Stelle nicht sicher gefunden und kein schweres Gerät hatten, haben wir stattdessen Satteldecken gewaschen und Sättel und Trensen geölt. Dann den Männern beim Abladen und stapeln von nochmals 120 Heuballen geholfen.
Letzte Wäsche gemacht und Jonis Arbeitsjeans schadensbedingt verabschiedet.
Abends war Besuch da und wir saßen mit Megan und ihrem Vater, Hilton und Cole gemütlich bei einem Abschiedsbierchen am Lagerfeuer zusammen

Abschied am Freitag
Morgens gepackt und gefrühstückt und nochmal mit Brian geplaudert. Er wollte uns eigentlich nicht gehen lassen und hätte uns gerne noch eine Woche dabehalten, da er uns und unsere Arbeitsbereitschaft zu schätzen gelernt hatte. Da am Mittwoch jedoch schon der Flug nach Christchurch geht, mussten wir das nette Angebot leider ausschlagen. Zum Abschied gab es eine dicke Umarmung und die Aufforderung dass wir jederzeit wiederkommen dürfen…oder sollen
Col brachte uns zurück nach Tamworth, weil sie alle wegen eines vollen Plans für das Wochenende heute frei haben. Dort haben wir die letzten Zugtickets für Samstag nach Sydney ergattert, haben eingekauft, im Internet nachgeholt was die letzten 11 Tage liegen geblieben war, Fotos sortiert und einen gewissen Blogbeitrag geschrieben. ☺️

PS: Obwohl jeder von uns im Busch an der Straße bislang eine Schlange gesehen hat, so war keine davon wirklich giftig und generell hat noch nichts versucht, uns zu töten. Wir sind frisch und munter – siehe Beweisfoto…